Welcher Pferdebesitzer kennt das nicht? Irgendwas am Stall nervt einfach. Entweder die zu lange Anfahrt, die dauerbelegte Halle oder der vom Regen überschwemmte Reitplatz - Es passt einfach nicht mehr. Also macht man sich auf die Suche nach einem neuen Domizil.

Je länger man in der „Pferdeszene“ unterwegs ist, desto mehr Ställe hat man sich im Laufe der Zeit angesehen. Als langjähriger Pferdebesitzer und Einsteller weiß man irgendwann genau, welche Ausstattungsmerkmale der Stall haben muss, damit man sich als Reiter rundum wohlfühlt oder worauf man dankend verzichten kann. Leider schießen die richtig guten Ställe nicht gerade wie Pilze aus dem Boden und die Stallbetreiber lassen sich überdurchschnittliche Leistungsangebote durchaus (und zu Recht) bezahlen. Also macht man am Ende Abstriche und zieht dann doch wieder in einen Stall, der einem wieder nicht 100%ig zusagt (und dann geht der Spaß spätestens nach einem Jahr wieder von vorne los!).

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Egal ob es der schlecht gelaunte Stallbesitzer, die zickigen Stallkolleginnen oder das nicht beheizte Stüberl ist – die Gründe für „Nichtgefallen“ eines Stalles sind vielfältig und zahlreich. Wir Menschen mögen es gerne perfekt – und perfekt definiert eben jeder anders. Ich als Westernreiter möchte einen anderen Hallenboden (sehr feiner, glatter Sand) als beispielsweise ein Springreiter (griffiger Sand). Ein Freizeitreiter benötigt unter Umständen keine Halle, sondern nur ein tolles Ausreitgelände, ein Turnierreiter hingegen schaut eher auf optimale Trainingsbedingungen. Ich, als Mischung aus beidem, hätte gerne eine tolle, große, lichtdurchflutete Reithalle, einen Reitplatz – natürlich mit Drainage – und dazu ein bombastisches Gelände. Natürlich habe ich mir einige Ställe angesehen, keine Frage. Aber langsam gehen mir die Alternativen aus – denn bisher war kein Stall dabei, den ich als eierlegende Wollmilchsau bezeichnen würde.

Oder bin ich etwa zu anspruchsvoll?

Zugegebenermaßen bin ich als Reiter etwas faul und meine Zeit ist begrenzt, deshalb hatte ich zuletzt die Schnauze voll vom Offenstall. Mein Pferd fühlte sich zwar offensichtlich wohl, suhlte sich am Liebsten in den tiefsten Schlammlöchern und verbrachte die meiste Zeit am anderen Ende der weitläufigen 10 ha Koppel, aber für mich war das eine absolute Zumutung. Ich musste meine teuren Boots im Schrank lassen, weil ich sie mir sonst ruiniert hätte, auf der Jagd nach meinem Pony, das mehr Freiheitsdrang hatte als jedes Wildpferd. Allein das Einfangen des Pferdes stahl mir jeden Tag mindestens 25 Minuten meiner kostbaren Zeit.

Zu allem Überfluss war mein Cisco jeden Tag so vollgeschlammt, dass ich den Dreck förmlich abkratzen musste. Eher unschön, wenn man sich nach dem harten Arbeitstag auch noch mit Schlamm vollsauen muss und aufgrund von zu viel verbleibendem Schmutz nicht mal das neue Turnieroutfit am Pferd tragen kann (die Flecken würde ich nie wieder rausbekommen aus meinen New Zealand Wool Blankets, die sind eben empfindlich, selbst mit Padliner gibt das furchtbare Ränder). Deshalb hab ich mich dazu entschlossen, mein Pferd kurzerhand in eine Box zu stellen und anfangs war ich auch echt sehr zufrieden in dem neuen Stall. Ist ja ein teures Turnierpferd, daher muss man da eh besser aufpassen mit den Beinen. Manchmal hab ich ihn beobachtet, wie er mit anderen Pferden gespielt hat. Die fetzen da ja ganz schön rum auf der Weide, da blieb mir jedes Mal vor Schreck fast das Herz stehen!

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Koppelgang muss ja nicht zwingend sein, er hat ja jetzt einen tollen Paddock an der Box, da kann er dann schließlich raus, mein feiner Herr, und sich die Beinchen vertreten – ganz nach seinem Gusto, wenn man so möchte. Da hat er wirklich eine tolle Box – nachts wird die Tür zugemacht, durch den Stall weht dann kein Lüftchen. Die Luft steht quasi und da hat er’s dann auch schön warm drin. Sicherheitshalber ziehe ich ihm aber trotzdem weiterhin eine Decke an, dann muss ich weniger putzen. Man glaubt gar nicht, wie viel Staub sich im Pferdefell absetzt! Wie gesagt, meine Zeit ist ja begrenzt.

Eine Zeit lang war wirklich alles super in dem Stall. Aber dann hat mein Pferd angefangen, komische Sachen zu machen. Manchmal wartet er an der Boxentür und tritt dabei von einem Vorderbein auf’s andere. Das sieht lustig aus, als wollte er mich begrüßen mit seiner kleinen Tanzeinlage. Verrückt, diese Quarter Horses!

Auch beim Reiten ist er anders. Auf einmal hat dieses kleine Pferdchen richtig Power! Ich hab den ja noch nie buckeln sehen. Ich dachte immer, der wäre dafür viel zu faul, denn das Quarter Horse ist ja von Natur aus eher ein ausgeglichenes Pferd, das nicht so viel Bewegung braucht. Letzte Woche hat er 3 Bocksprünge hintereinander auf’s Parkett gelegt. Das hat mich dann ein wenig schockiert. Aber das neue Gebiss wird’s schon richten! Und ein paar Hilfszügel gibt’s ja glücklicherweise auch noch, damit kriegen wir das schon in den Griff.

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Blöderweise hat er mir jetzt auch noch das kommende Turnier vereitelt, weil er urplötzlich während dem Reiten anfing zu husten. Wahrscheinlich war er auf der Koppel und hat sich mit der viel zu leichten Decke verkühlt. Es hatte ja nur 5° Grad und Herr Pferd hatte nur die dünne 150 Gramm Decke drauf. Jetzt bin ich wieder auf der Suche nach einem neuen Stall. Denn so viel Nachlässigkeit seitens des Stallbetreibers kann und will ich mir nicht bieten lassen. Das kann doch nicht zu viel verlangt sein, ich will doch einfach nur in Ruhe reiten und mir nicht dauernd über irgendwas Gedanken machen müssen! Beim nächsten Stall muss auf jeden Fall eine Führmaschine dabei sein. Und ein Pferdesolarium. Und … und … und ….

Bei all meinen Wünschen, Vorstellungen und Idealen vergesse ich das Wichtigste und den Grund, warum ich überhaupt in die Verlegenheit komme, einen Stall zu suchen: 

Mein Pferd und dessen Bedürfnisse.

 

Bitte verzeiht mir die überspitzte Darstellung. Mein Pferd lebt natürlich nicht in einer solchen Box und darf natürlich auf die Koppel. (Aber nur bei gutem Wetter – okay, Spaß beiseite).

Ich habe wirklich viele Ställe gesehen und es ist erschreckend, dass entweder das Wohl der Pferdebesitzer im Vordergrund steht oder der Geldbeutel des Stallbetreibers. Von absoluter Überbelegung des Stalls bis nicht vorhandene Koppelfläche war bisher alles dabei. Niemand macht sich mehr Gedanken darüber, wie das Pferd in der Natur lebt oder vor seiner Domestizierung gelebt hat – denn wesentlich und instinktiv unterscheidet sich unser Hauspferd nicht vom damaligen Urpferd. Ich möchte in diesem Beitrag nochmal daran erinnern, dass unsere Pferde wirklich viel mit uns mitmachen – uns tragen, für uns kämpfen und uns vertrauen.

 

Und genau weil sie uns vertrauen, sind wir es ihnen schuldig, zumindest in der Haltung folgende Punkte zu beachten:

- Pferde benötigen als Lauftiere regelmäßig viel Bewegung (vor allem im Schritt legen Wildpferde weite Strecken zwischen den verschiedenen Fressplätzen zurück).

- Pferde brauchen viel frische Luft. Warme, feuchte, staubige Stallluft ist nichts für die Pferdelunge. Pferde die dieser mehrere Stunden am Tag ausgesetzt sind, werden oft Dämpfig oder bekommen chronischen Husten.

- Pferde sind Herdentiere und brauchen Sozialkontakt mit anderen Pferden. Kontakt zu Menschen reicht hier leider nicht aus!

- Pferde sind Dauerfresser. Die Psyche der Pferde und der Verdauungstrakt sind auch bei unseren Haus-Pferden noch immer auf 10 – 18 Stunden Futteraufnahme ausgelegt – das kann nur mit einer genügenden Raufutterration erreicht werden.

- Pferde sind, im Gegensatz zu uns Menschen, keine Höhlentiere. Pferde sind Fluchttiere, die sich nur sicher fühlen, wenn die Herde gefestigt und wachsam ist. Der ständige Einsatz ihrer Sinnesorgane (wachsam sein) ist für Pferde wichtig und (war früher) für die Herde lebensnotwendig. 

Berücksichtigt diese einfachen Grundsätze und stellt eure eigenen Ansprüche zurück – euer Pferd wird es euch danken.

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Liebe Grüße, eure Dany