Was ist dran an den Vorurteilen? Und welche Reitweise ist denn nun die Bessere? Die Frage ist ganz einfach zu beantworten: Nämlich gar keine.

Ich möchte mit ein paar Vorurteilen aufräumen und euch erklären, warum Westernreiter eben nicht gleich Westernreiter ist.
Beide Reitweisen haben ihren Ursprung und ihre Daseinsberechtigung und beide Reitweisen stammen wohl von den argentinischen Gauchos und wurden über die Jahre hinweg durch Reglements, Ausrüstung und Einsatzzweck mit völlig verschiedenen Zielen weiterentwickelt. Während die Westernreitweise bekanntlich eine Arbeitsreitweise ist, spricht man bei den „Englischen“ eher von Stil und Eleganz. Die Westernreitweise allerdings ist innerhalb ihrer Klassen so weit gestaffelt und vielseitig, dass es auch hier sehr große Unterschiede gibt und ebenfalls Stil- und Performanceklassen, die man unterscheiden muss, um einen „Vergleich“ zwischen beiden Reitweisen überhaupt herstellen zu können.

Die Basis beider Reitweisen ist absolut die Gleiche. Ich behaupte, dass ein auf E-Niveau gerittenes Englischpferd von jedem Westernreiter geritten werden kann, genauso wie jedes grundausgebildete Westernpferd von jedem Englischreiter geritten werden kann, ohne sich groß über die Hilfen Gedanken machen zu müssen. In den höheren Klassen unterscheiden sich natürlich die Elemente grundlegend voneinander, keine Frage. Genauso unterscheiden sich aber auch die Klassen innerhalb der Westernreiterei, wie beispielsweise Pleasure und Cutting.

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Westernreiten ist nämlich nicht gleich Westernreiten. Genauso wie „Englisch“ nicht gleich Englisch ist, sondern eben auch in Dressur und Springen unterschieden wird und Vielseitigkeit und so weiter. In der Disziplin Pleasure kommt es auf korrekte Hilfengebung und ein makelloses Outfit an, während beim Cutting das Pferd möglichst selbstständig an der Kuh arbeiten muss. Die Cutter belächeln die Pleasuerer (liebevoll: Plätscherer genannt) ebenso, wie die Englischen die Westernreiter als „Ganzes“ belächeln oder halt eben andersrum. Aber warum ist das so? Vermutlich aufgrund des „Wir-Gefühls“ und der „Vereinszugehörigkeit“ des entsprechenden Lagers. Ihr glaubt nicht, wie sehr sich Westernreiter untereinander bekriegen können!

Mayatex Blanket Riverland Rot Stonedeek Boots Schwarz Stonedeek Bellboots Kirsche 2Man muss natürlich sagen, dass es sehr auf die Menschen selber ankommt. So fühlte ich mich als „Westernreiter“ als eigentlicher Exot dazugehöriger an einem „Englisch-Stall“, als ein „Pleasurer“ an einem „Reining-Stall“. In den meisten Performance-Klassen wird man als Stilklassenreiter nämlich ganz schön durch den Kakao gezogen, denn „außer gut aussehen können die nix“, also wir, die Stilklassenreiter. Natürlich ist das Schwachsinn, denn es gehört durchaus mehr dazu, eine Pleasure zu gewinnen, als nur ein Glitzer-Jäckchen farblich auf das Blanket abzustimmen und hintereinander her im Kreis zu reiten. Als Plätscherer hat man in der Westernwelt sowieso allgemein eher einen schweren Stand, weil die (in dem Fall: Die anderen Westernreiter) den Sinn und die Notwendigkeit dieser Disziplin nicht so ganz verstehen wollen. Das muss man sich vorstellen: Die verstehen nicht, warum man sein Pferd (und sich selbst) gerne farblich abgestimmt, hübsch anzieht und in bequemen, rittigen Gangarten reitet. So entstand schon manche hitzige Diskussion über die Sinnigkeit und Unsinnigkeit von neuen (z. B. Hunter under Saddle) und alten Disziplinen (Pleasure, Trail). Meines Erachtens sollte jeder das tun, was einem Spaß macht und worin man seine Erfüllung sieht. Ich habe sehr viel Spaß daran, mein Pferd und mich hübsch anzuziehen und mal eine Pleasure zu reiten, aber ebenso viel Freude macht mir das Treiben von Kühen. Noch mehr Spaß macht es mir aber, die Englischreiter bei mir am Stall aufzuziehen und zu ärgern – gut, dass die eben nicht wissen, dass ich als Plätscherer genauso von meinen Westernkollegen aufgezogen werde.

2014 10 19 0593l 300dpiDenn das Wichtigste ist es wohl, sich selbst und andere nicht immer ganz so ernst zu nehmen. Denn im Endeffekt kochen wir ja alle nur mit Wasser bzw. reiten auf Pferden.

Liebe Grüße
Eure Dany