Nicht nur beim Arbeitszeugnis gibt es den bekannten Zeugniscode. Was sich im Zeugnis schön liest: „Sie erledigte alle Aufgaben pflichtbewusst und ordnungsgemäß.“, heißt in Wahrheit „Sie machte nur, was man ihr sagt und zeigte keinerlei Initiative.“. Und auch in Pferdeverkaufsanzeigen finden sich Aussagen und Satzzusammenstellungen, die in Wirklichkeit etwas ganz anderes bedeuten.

Zeit für den Pferdeverkaufsanzeigen-Duden:

 

"Ein Pferd mit Charakter"
Das Pferd hat einen unterirdischen Charakter und wird dem neuen Besitzer gehörig auf der Nase rumtanzen. Erziehung? Fehlanzeige! Dickkopf? Oh ja, und zwar gewaltig! 

 

„enorme Sensibilität“ / „sensibel“
Das Pferd sieht in jeder Ecke Gespenster, hört die Flöhe husten und flieht beim kleinsten Anlass unkontrolliert. Am besten stellt man das Atmen beim Reiten ein, sicher ist sicher!

 

„stets aufmerksam“
Das Pferd ist umweltorientiert und an allem mehr interessiert, als am Reiter. Oh, guck mal ein Vogel! Oh, schau mal die Katze! Oh, wie niedlich ist bitte das kleine Eichhörnchen! Ey, hör auf da oben zu nerven, ich will mir die Natur angucken, spannend!!

 

"Ohne jegliche Unarten"
Was sind schon Unarten? Das Pferd bettelt, es koppt, schnappen tut es auch, hin und wieder steigt es auch mal und zickig am Bein ist es auch, aber hey, immerhin schnappt er nur und beißt nicht richtig zu und weben tut er ja auch nicht. 

 

„braucht manchmal noch etwas Erziehung“
Manchmal? Eigentlich braucht das Pferd eine komplette Grunderziehung. Es kann nichts, hat nie Erziehung genossen und macht was es will. Super übrigens in Kombination mit "Ein Pferd mit Charakter". 

 

„Nicht für Anfänger geeignet“
Und für Fortgeschrittene leider auch nicht, von Erziehung hält der Kandidat nämlich gar nichts und reiten lässt er sich auch nur äußerst ungerne, gerne auch kombiniert mit "stets aufmerksam". Das Pferd wird auch niemals für Anfänger geeignet sein, für Fortgeschrittene allerdings auch nicht. 

 

„Schöngesichtige Stute“
Das Gesicht ist schön, wirlkich schön. Marlos gezeichnet mit schöner Blesse, aber der Rest der Stute ist leider fürchterlich hässlich und unproportional. Zum Glück ist wenigstens der Schweif dort wo er hingehört.

 

„TÜV mit kleinem Befund“
Klein liegt ja bekanntlich im Auge des Betrachters,  meistens gelten bereits drei Chips als kleiner Befund. Aber auch eine Ataxie, die natürlich nur beim Rückwärtsrichten und beim Hufe aufkratzen auffällt und sonst gar nicht, ist nur ein kleiner BEfund, minimal natürlich, also winzig. Zum Glück sind alle Beine dran, alles andere ist doch eine Kleinigkeit. 

 

„Kleiner Schönheitsmakel“
Fällt kaum auf. Kann alles Mögliche sein. Ohr ab, Schweif ab, Ekzem. Fällt ja gar nicht auf, kann Probleme machen, muss aber nicht, nervt trotzdem und will man auch nicht haben. 

 

„Kein Gewichtsträger“
Fliegengewichte aufgepasst. Dieses Pferd ist nur für Reiter unter 60 kg geeignet, nicht mehr, bloß nicht mehr, nicht ein Gramm mehr. Mehr kann das Pferd nicht tragen. Achso: Mit Ausrüstung natürlich!

 

„Mit Zubehör zu verkaufen“
Der Sattel passte eh noch nie, ist auch der Alte von Omas Pferd Fury, aber macht ja nichts, weg damit. Ob das nun passt oder nicht, ist doch egal. Erst mal ist Zubehör dabei, steigert den Verkaufspreis und er Kram ist weg. 

 

 „Aus Zeitmangel nicht gefördert“
Besitzer hatte keine Zeit, das Pferd stand sich die Beine in den Bauch, kann also nichts, gar nicht! Sieht auch entsprechend aus. Muskulatur gibt es nicht, dafür Unterhals, fürchterliche Oberlinie und Hängebauch, war ja keine Zeit da um das Pferd zu fördern, wie auch, wenn der Terminkalender voll ist. Ein Termin zum Probereiten ist übrigens auch nur ganz kompliziert möglich, was ein Stress immer alles unter den Hut zu bekommen. 

 

„für das große Viereck geeignet“
Und auch wirklich NUR für das große Viereck. Auf dem kleinen Viereck oder gar auf dem Springplatz oder noch unvorstellbarer im Gelände läuft das Pferd keinen Meter. 

 

„Probereiten derzeit nicht möglich“
Derzeit = Immer! Am besten kauft man das Pferd ungeritten, reiten geht nämlich nicht. Derzeit nicht und später auch nicht. Das Pferd ist nämlich gar nicht geritten oder steht irgendwo auf der Wiese, wo es schon Jahrelang nicht mehr geritten wurde. 

 

„Super Kinderpony“
Sofern man seine Kinder niemals mit dem Pony alleine lässt. Typisch Pony eben, super niedlich ja, aber im Umgang gemeingefährlich. Will es nach links, geht es nach links, will es zum Gras, geht es zum Gras. 

 

„1 A Grundgangarten“
Und die zeigt das Pferd in der Regel nur auf der Koppel, unterm Reiter sind die nicht zum Vorschein zu bringen. An der Longe zeigt das Pferd die natürlich auch, wenn draußen was Spannendes passiert, also was richtig spannendes, so richtig richtig spannend, okay lassen wir was. Das Pferd zeigt es doch nur auf der Koppel, manchmal aber auch nur, wenn keiner zuguckt. 

 

„Nicht allzu viel Vorwärtsdrang“
Geht keinen Meter von alleine. Gerte, Sporen, vorgebundene Möhre, das Pferd bewegt sich freiwillig nicht vom Fleck. So ein Pferd hat aber einen riesigen Vorteil, es trainiert dafür hervorragend unruhige Schenkel, ähm nein sorry, doch ein Nachteil. 

 

 „Sehr fein zu reiten“
Vorne bitte nicht anfassen, die Knie nicht ran, Schenkel atmen lassen und auch bitte nur ganz vorsichtig mit dem Hintern im Sattel sitzen. Bloß nichts riskieren, am Besten stellt man als Reiter tatsächlich auch direkt das Amten ein. Sicher ist sicher! 

 

„Besonders hervorzuheben ist dabei der ausgezeichnete Schritt“
Trab und Galopp kann das Pferd nämlich nicht, daher bleiben wir beim Schritt und er ist natürlich ausgezeichnet. Ist nur die Frage, wer den ausgezeichnet hat? Da wären wir wieder "im Auge des Betrachters". Trab und Galopp kann das Pferd, aber auch nur auf der Koppel, wenns mal schneller sein muss als der ausgzeichnete oder eben auch nicht ausgezeichnete Schritt. 

 

„Bewegungen sind elastisch“
Hat ein bisschen was vom Trampolin, sitzt du aus, fliegst du raus. Gemütlich? Sicher nicht!

 

Natürlich ist dieser Beitrag nicht ganz ernst zu nehmen, lacht doch mal.