Und da waren sie auf einmal: Scheuerstellen im hintern Rücken, im Bereich der Lenden. Für mich etwas Neues, dass hatte ich tatsächlich so in der Form noch nicht gesehen. Als Schuldigen habe ich direkt den neuen Sattel ausgemacht, passt er etwa doch nicht? Was nun?

Haarbruch und Scheuerstellen im Fellwechsel, meist von Winter- auf Sommerfell, sind ein leidliches Thema mit dem auch ich mich erstmalig in diesem Jahr beschäftigen musste, war es doch vorher nie ein Problem. Aber da waren sie nun, von heute auf morgen: Unschöne Scheuerstellen im Rücken, abgebrochene Haare und eine raue Haarstruktur, beidseitig. Für mich war klar, es kann nur vom Sattel kommen, von dem Sattel den wir gerade mal seit drei Monaten haben und ebenso klar war für mich, dass ist ein Indiz, dass er nicht passt. Falsch gedacht! Nach dem Termin mit dem Sattler Freude und Ernüchterung. Freude, weil der Sattel eben doch passt und Ernüchterung, da ich nun immer noch keine Antwort auf die Scheuerstellen hatte, geschweige denn eine Idee, wie wir sie vermeiden können.


Im Winterfell kommt es vermehrt zu Haarbruch. Im Vergleich zum Sommerfell hat das Winterfell zusätzlich zum dichten Unterhaar, längeres Deckhaar. Gerade im Bereich des Rückens wo die Schabracke voll aufliegt, kommt es durch die Bewegung des Pferdes zum Haarbruch. Im Schritt und im Trab ist beim Pferd eine links-rechts Bewegung zu erkennen. Die Bewegung zieht sich durchs Pferd, über die Schabracke in den Sattel und sorgt für nicht vermeidbare Reibung im Fell. Die Haare werden entgegen ihrer Wuchsrichtung bewegt und brechen. Soweit so gut, oder auch nicht. Grundsätzlich war klar, der Sattel passt, dennoch kommt es zu Reibung, die Haare brechen. Zum aktuellen Stand ein Schönheitsfehler, die Haut war nicht betroffen. Guten Gewissens weiter reiten konnte und wollte ich so aber auch nicht.

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Der Sattler hat zur Schabracke mit integriertem Lammfell geraten, möglichst dünn um den Kontakt zum Pferd nicht zu verlieren und den gut passenden Sattel in seiner Passform nicht zu verändern. Und schon steht man vor dem Problem und sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht. Lammfell Pad mit Rand, Lammfell Pad ohne Rand, Wildtier-Fell-Pad, Lammfell Pad auf der Haut, Pad mit Luftzirkulation und Lammfellunterlage, Schabracke mit integriertem Fell, mit Wirbelkanal ohne Wirbelkanal. Zugegeben: Es gibt nichts, was es nicht gibt.
Nun kenne ich mein Pferd inzwischen sehr gut, und er gehört definitiv zur Gattung „weniger ist mehr“, sprich der Sattel direkt auf der Schabracke war ihm bislang immer noch das liebste und er bescherte mir so das schönste Reitgefühl. Was also tun? Ganz einfach: Durchprobieren! Und so Begann meine Suche, nach der Lösung. Welche Lösungen gibt es überhaupt? Und hier gilt: Jedes Pferd ist anders, für jedes Pferd ist eine andere Variante DIE Lösung.

Lammfell-Pad ohne Rand / mit Rand
Lammfell-Pads gibt es in verschiedenen Ausführungen auf dem Markt. Grob zusammengefasst: Mit Rand oder ohne Rand, mit Wirbelsäulenkanal oder ohne, dick oder dünn, mit Kunstfell oder echten Fell, und und und. Was für wen das Richtige ist, lässt sich pauschal nicht beantworten. Um Haarbruch zu verhindern, muss das Pad direkt auf den Rücken gelegt werden, daher empfiehlt sich ohne Rand. Viele Pferde empfinden mit Wirbelkanal als angenehmer und so wird die direkte Auflage auf dem Rücken miniminiert. Wichtig: Bei der Verwendung eines Lammfell-Pads ist auf eine ausreichende Kammerweite zu achten.

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Pad aus Wild-Fell
Eine der bekanntesten und wohl auch effektivsten Methoden bei Haarbruch ist die Verwendung eines Pads aus Wildtierfell, idealerweise Rentierfell. Rentiere besitzen im Gegensatz zu unseren Schafen sogenannte Hohlhaare, die fast ausschließlich aus Luftvakuolen bestehen. Das macht übrigens ihr Fell auch so kuschlig weich. Bei vermehrter Reibung bricht zuerst das Wildtierhaar, ehe das Haar des Pferdes bricht. Ein weiterer positiver Effekt ist die optimale Druckverteilung bzw. Druckdämpfung. Pads aus Rentierfeld haben einen natürlichen Luftpolster-Effekt durch den dichten Haarwuchs.
Wichtig: Auch bei der Verwendung eines Rentierfells ist auf eine ausreichende Kammerweite zu achten.

 

Lammfell mit Haut
Wer nicht auf ein klassisches Pad zurückgreifen möchte, kann ein Lammfell mit Haut verwenden. Im Gegensatz zu herkömmlichen Pads sind Lammfelle mit Haut dünner. Heute gibt es sie auch bereits direkt von einigen Reitsportherstellern zu kaufen, mit einer Art Überlappung vorne, die über die Schabracke für einen guten Halt geklappt wird. Entsprechende Lammfelle haben einen Nachteil, sie haben meist keinen Wirbelkanal und durch das fehlende Gewebe fehlt die Stabilität was zu Falten führen kann, die unbedingt vermieden werden müssen.
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Schabracke mit Fell
Von vielen Herstellern gibt es Schabracken mit integriertem Fell im Rückenbereich, in der Regel mit Wirbelkanal. Die Wirkungsweise ist identisch zu jedem Lammfellpad, nur mit dem Vorteil, dass man ein Teil weniger unter dem Sattel hat. Die Schabracken sind in der Regel dicker als eine klassische Schabracke, aber durchaus dünner als die Variante Schabracke + Lammfell Pad. In der Regel ist eine Anpassung der Kammerweite des Sattels nicht notwendig. 

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Unsere Lösung

Stand heute habe ich noch keine zufriedene stellende Lösung für mein Pferd gefunden. Gerade das Fell mit Haut hat mein Pferd beim Reiten so dermaßen gestört, dass er nicht mehr der „Alte“ war. Zwar hat es grundsätzlich gegen den Haarbruch geholfen, hat mir aber ein absolut unzufriedenes Pferd beschert. Die Schabracke mit integriertem Fell brachte Besserung, ist aber ebenfalls für uns nicht das Nonplusultra und so setzen wir aktuell auf eine Schabracke mit sehr weicher Unterseite. Unterstützend dazu, haben wir die betroffenen Stellen vermehrt gepflegt um sie geschmeidig zu halten und unterstützen den Fellwechsel mit einem Zusatzfutter.